Wegen des frühen Tods der Eltern wuchs Hans Steinbrück in einem Waisenhaus auf. Mit sechzehn Jahren heuerte er 1937 in Hamburg auf einem Schiff an, wurde zum Kriegsbeginn 1939 aber entlassen und ging als Hafenarbeiter nach Düsseldorf. Am 1. August 1941 wurde er zur Wehrmacht eingezogen, wegen der Spätfolgen einer Malaria-Erkrankung während seiner Seemannszeit aber gegen seinen Willen ausgemustert. Im Januar/Februar 1942 bewarb er sich bei der Gestapoleitstelle in Düsseldorf um eine Anstellung, wurde jedoch nicht angenommen. Da er sich bei der Wohnungssuche als angehenden Gestapo-Angehörigen ausgegeben hatte, wurde er wegen Amtsanmaßung festgenommen und nach vier Monaten Haft im Polizeigefängnis Düsseldorf im Juni 1942 in das KZ Buchenwald überstellt. Von dort kam er im September 1942 als Mitglied der neu aufgestellten SS-Baubrigade III in das Arbeitserziehungslager Köln-Deutz (Messelager). Dort meldete er sich für ein Bombenräumkommando und erhielt wegen seiner Tollkühnheit den Beinamen „Bombenhans“.
Weil er das Eigentum eines beim Bombenräumen umgekommenen Mithäftlings an sich genommen und deshalb eine harte Strafe zu befürchten hatte, floh er am 16. Oktober 1943 aus dem Messelager. Zehn Tage später wurde er in Berlin festgenommen, konnte jedoch fliehen und schlug sich nach erneuter Verhaftung und Flucht bis Köln durch. Dort suchte er am 31. Dezember 1943 Cilly Serve in der Schönsteinstraße 7 auf, die ein Kind erwartete. Er hatte sie im September 1943 bei einer Blindgängerräumung kennengelernt und seitdem bei seinen „Freizeiten“, die ihm wegen seiner Leistungen im Bombenräumkommando gewährt wurden, des Öfteren tagsüber aufgesucht. Cilly nahm ihn „illegal“ in ihre Wohnung auf. Sie lebten von Cillys Wohlfahrtsunterstützung, und Steinbrück nahm Kontakte zur Nachbarschaft und zu Jugendlichen auf, die im Haus bzw. in der Straße wohnten (Günther Schwarz, Hans Müller).
Einen tiefen Einschnitt in sein Leben brachte der Luftangriff auf Köln vom 21. April 1944, bei dem das Haus Schönsteinstraße 7 zerstört wurde. Für sich, seine schwangere Freundin Cilly und deren beide Kinder richtete er eine Behelfswohnung ein. Ende Mai 1944 wurde das gemeinsame Kind geboren. Inzwischen hatte Steinbrück angefangen, als Schwarzarbeiter durch Mithilfe beim Bau von Behelfswohnungen am Westfriedhof Geld zu verdienen. Hierbei lernte er Peter Hüppeler und Franz Rheinberger kennen und durch diesen dann Bartholomäus Schink; weitere Jugendliche kamen hinzu.
Zur Materialbeschaffung unternahm Steinbrück mit anderen die ersten Diebestouren, die dann immer größere Ausmaße annahmen. Gleichzeitig begann Steinbrück sich zu bewaffnen und legte schließlich in den Trümmerkellern der Schönsteinstraße ein umfangreiches Waffenlager an. Junge Frauen und männliche Jugendliche in seinem Umfeld halfen ihm, sich Waffen zu beschaffen. Seinen größten Coup stellte der Einbruchsdiebstahl von 26 Zentnern Butter am 1. September 1944 dar. Beim Absatz der bei den Diebestouren erbeuteten Waren auf dem Schwarzmarkt half ihm der vielfach vorbestrafte Josef Moll. Der Erlös wurde innerhalb der Gruppe geteilt. Das Geld, über das Steinbrück dadurch verfügte, investierte er vor allem in Waffenkäufe. Zwischen dem 27. und 29. September 1944 nahm er in seinen Kellern auch drei rassisch Verfolgte für zwei bzw. einen Tag auf. Aufgrund von Nachbarschafts-, Freundschafts- und Milieukontakten hatte sich inzwischen eine heterogene Gruppe um Steinbrück versammelt, darunter auch fünf Jugendliche unter achtzehn Jahren.
Am Abend nach der Ermordung des Köln-Braunsfelder Ortsgruppenleiters Heinrich Soentgen durch Roland Lorent am 28. September 1944 entdeckte eine Heeresstreife Steinbrücks Waffenlager in der Schönsteinstraße und nahm die drei hier untergetauchten rassisch Verfolgten fest. Die Jugendlichen, die im Haus verkehrten, waren an jenem Abend nicht anwesend; Steinbrück hatte sie kurz vorher aus dem Keller verwiesen, weil sie zu viel Unsinn machten. Am Tag darauf (30.9.) wurde Steinbrücks Lebensgefährtin Cilly Serve von der Polizei verhaftet, die drei Kinder ins Waisenhaus gebracht. Steinbrück war von diesem Zeitpunkt an auf der Flucht vor der Gestapo und fand durch Vermittlung von Eduard Osche an jenem Abend Unterschlupf in der Gartenlaube am Blücherpark, die der ihm bis dahin unbekannte Roland Lorent eingerichtet hatte und die nun zum neuen Treffpunkt der Gruppe einschließlich der Jugendlichen wurde.
In dem irrtümlichen Glauben, Cilly Serve befinde sich noch in der von der Polizei umstellten Wohnung in der Schönsteinstraße, unternahm Steinbrück mit Roland Lorent und sieben ahnungslosen Jugendlichen am 1. Oktober 1944 mit gestohlenen PKW einen Befreiungsversuch, der in eine wilde Schießerei ausartete. Zwei unbeteiligte Passanten und der Polizeibeamte Wilhelm Demandt wurden durch Schüsse verletzt, der SA-Mann Vincenz Kröscher durch Hans Steinbrück aus nächster Nähe erschossen und der siebzehnjährige HJ-Streifendienstführer Franz Karl Haan, der zufällig in die Schießerei hineingeraten war, durch zwei Kopfschüsse getötet.
Einen Tag später, in der Nacht zum 3. Oktober, versuchten Lorent und Steinbrück aus dem Fort X am Neusser Wall in Köln-Nippes Sprengstoff zu stehlen; dessen Abtransport gelang jedoch nicht. Am nächsten Tag wurde Roland Lorent völlig betrunken verhaftet. Steinbrück konnte sich zunächst noch durch Einsatz seiner Waffe der Verhaftung entziehen, wurde dabei aber angeschossen und schließlich am 11. Oktober in der Wohnung seiner Freundin Else Kestel in der Hansemannstraße festgenommen und im Zellenbau in Brauweiler inhaftiert.
Hier wurde er vom Gestapokommando Kütter nach den Methoden der „verschärften Vernehmung“ verhört, d. h. er wurde brutal mit Stuhlbeinen geschlagen. Die Gestapo unterstellte ihm politische Motive und vermutete die Vorbereitung eines bewaffneten Aufstands. Nach langem Verhör und schlimmen Misshandlungen unterschrieb er schließlich am 18. Oktober 1944 das – ihm vorgegebene – Eingeständnis von geplanten Widerstandshandlungen, die weit über seine Möglichkeiten hinausgingen. Er „gestand“ auch, er habe die Gestapozentrale im EL-DE-Haus in die Luft sprengen wollen.
Ohne Verfahren und Gerichtsurteil wurde Hans Steinbrück am Morgen des 10. November 1944 zusammen mit zwölf weiteren Mitgliedern seiner Gruppe in der Hüttenstraße am Bahnhof in Köln-Ehrenfeld öffentlich erhängt. Er war 23 Jahre alt.
Josef Wißkirchen