Mathias F. befand sich seit 1938 in „Fürsorgeerziehung“ und kam nach Aufenthalten in verschiedenen Heimen im November 1940 als sogenannter Landeshilfsbedürftiger in das Provinzialjugendhaus Freimersdorf in der Arbeitsanstalt Brauweiler. Im Juli 1938 war er auf der Grundlage des nationalsozialistischen „Gesetzes zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses“ im Krankenhaus Lindenburg in Köln zwangssterilisiert worden.
In den Abendstunden des 19. Mai 1941 unternahm er zusammen mit dem „Fürsorgezögling“ Hans S. einen Fluchtversuch. Beide konnten den zwei Beamten der Nachtwache Schlüssel und Pistolen abnehmen. Dabei wurde ein Wachmann durch einen Messerstich verletzt. Auf der Flucht durch den Ort Brauweiler bedrohten sie ihre Verfolger mit den gestohlenen Waffen. Nach der Überwältigung der Flüchtenden stellte der stellvertretende Anstaltsleiter Paul Kirschieben Strafantrag bei der Oberstaatsanwaltschaft Köln, sodass das Sondergericht Köln am 23. Mai 1941 Haftbefehl erließ.
In der Anklageschrift und der späteren Urteilsbegründung wurden ausführliche Wertungen der Fürsorgebehörden – auch über die Elternhäuser – übernommen, um das Urteil vor allem unter dem Gesichtspunkt nationalsozialistischen Menschenverständnisses zu rechtfertigen. Mathias F. wurde in einem Schnellverfahren am 31. Mai 1941 vom Kölner Sondergericht I unter Landgerichtsdirektor Eich dreimal zum Tode verurteilt, da er bei seinem Fluchtversuch drei Verstöße gegen die Bestimmungen des §1 der „Verordnung gegen Gewaltverbrecher“ vom 5.12.1939 begangen habe. Ein Gnadengesuch des Pflichtverteidigers wurde im Reichsjustizministerium von Staatssekretär Roland Freisler abgelehnt. Am 8. Juli 1941 wurde Mathias F. um 5 Uhr morgens im Kölner Gefängnis Klingelpütz durch das Fallbeil hingerichtet.
Hermann Daners