Friedrich Wilhelm Großmann wurde als siebzehnjähriger Gymnasiast 1917 zum Heeresdienst eingezogen und diente bis Oktober 1918 als Sanitäter. Nach dem Ersten Weltkrieg holte er sein Abitur nach und studierte von 1920 bis 1925 in Bonn und Köln Medizin. In der Wohnung seiner Eltern in der Bismarckstraße 9 in Köln eröffnete er seine erste Arztpraxis. Mit dreißig Jahren übernahm er im Juni 1930 die Praxis des jung verstorbenen Arztes Dr. Isidor Bethune in Hürth-Hermülheim. 1932 gründete er die „Sanitätskolonne Hermülheim“ und wurde ihr leitender Arzt.
Er erwarb sich rasch hohes Ansehen in Hürth und wurde zum Schularzt im Landkreis Köln bestellt. Als Jude war er seit 1933 der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Bereits im April 1933 wurde ihm die Zulassung zu den Krankenkassen aberkannt, sodass er ausschließlich auf die Behandlung von Privatpatienten angewiesen war. Aufgrund des Berufsbeamtengesetzes vom 7. April 1933 verlor er sein Amt als Schularzt. Die antisemitische Wochenzeitschrift „Der Stürmer“ stellte im Juni 1935 (Nr. 29) 56 Personen mit ihren Namen und Adressen an den Pranger, weil sie sich vom „Judenarzt“ Dr. Großmann hatten behandeln lassen. Sie waren zuvor beim Betreten seiner Praxis fotografiert und ihre Fotos öffentlich ausgehängt worden. Mit der „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ vom 25. Juli 1938 wurde Großmann mit Wirkung vom 30. September 1938 die ärztliche Approbation entzogen. Er verließ daraufhin noch vor dem Novemberpogrom 1938 mit seiner Familie Hürth, zog nach Köln und betrieb seine Auswanderung in die USA.
Im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom 1938 wurde Großmann (vermutlich am 10. November 1938) in Köln verhaftet, in das Sammellager in Brauweiler eingeliefert und von dort am 13. November 1938 in einem Sammeltransport in das KZ Dachau deportiert (KZ-Nr. 27255). Aus Krankheitsgründen wurde er am 1. Dezember 1938 entlassen. Mit Hilfe einer befreundeten Familie in den USA gelang es ihm schließlich im Mai 1939, von Hamburg aus mit Frau und Kind in die USA auszureisen. Er verlor dabei sein gesamtes Vermögen.
Nach schwierigen Anfangsjahren in Amerika und erneutem Medizinstudium erhielt Friedrich Großmann 1943 die Approbation als Arzt für die USA und baute sich in der Sherman Avenue in New York eine neue Praxis auf, die er viele Jahre lang führte. Er starb 1989. Der Friedrich-Großmann-Weg in Hürth-Hermülheim erinnert an ihn.
Josef Wißkirchen