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Giebel über der Toreinfahrt zur Abtei Brauweiler

Gedenkstätte
Brauweiler des LVR

Gedenkbuch Brauweiler

Biografien

Dorsel, Leopold (gen. Poldi)

  • geb. 05.03.1927 in Köln-Lindenthal
  • gest. 05.02.1945 in Köln, EL-DE-Haus (Hinrichtung)
  • Haft in Brauweiler: 02.10.1943 – 08.10.1943

Leopold Dorsel entstammte einer christlich-jüdischen Mischehe und galt deshalb als „Halbjude“. Der jüdische Vater Leopold Grünhut war bereits 1927 gestorben. Die Mutter Margarete Grünhut nahm im September 1939 für sich und ihren Sohn wieder ihren Mädchennamen Dorsel an, erlitt aber nach wie vor wegen ihres verstorbenen jüdischen Ehemannes zahlreiche Schikanen. Ihr Sohn Leopold traf sich als Jugendlicher mit Edelweißpiraten. Am 29. Juni 1943 wurde die Familie in Köln ausgebombt und nach Brück im Kreis Ahrweiler evakuiert.

Die Polizei wurde auf Leopold Dorsel aufmerksam wegen seiner Kontakte zu Kölner Jugendlichen, die ihn in Brück besuchten. Offenbar fing man seinen Briefverkehr ab. Als er Anfang Oktober 1943 nach Köln reiste, um Freunde zu treffen, wurde er wegen „antinationalsozialistischer Umtriebe“ von der Polizei verhaftet, der Gestapo zugeführt und am 2. Oktober nach Brauweiler überstellt, wo er im Zellenbau inhaftiert wurde. Dasselbe Schicksal ereilte zwei seiner Freunde. Nach knapp einer Woche wurde er wieder entlassen. Anscheinend konnte man ihm nichts Ernsthaftes nachweisen; zudem war er lungenkrank. Wegen dieser Vorkommnisse und weil sie mit einem Juden verheiratet gewesen war, wurde die Mutter im Dezember 1943 vorübergehend aus dem Kreis Ahrweiler ausgewiesen.

Nach der Ableistung des Reichsarbeitsdienstes 1944 wurde Leopold Dorsel zur Wehrmacht einberufen, konnte aber nach der Einleitung eines krankheitsbedingten Dienstuntauglichkeitsverfahrens zu seiner Mutter zurückkehren, die inzwischen in Bad Neuenahr lebte. Am 16. Dezember 1944 reiste er zum letzten Mal nach Köln, wo er als Mitglied der vierköpfigen „Baur-Bande“ im Untergrund lebte. Einbrüche, Raubüberfalle und vier Morde wurden der Gruppe angelastet. Dorsel wurde verhaftet und am 5. Januar in das Gefängnis Klingelpütz eingeliefert. Einen Monat später, am 5. Februar 1945, wurde er ohne Gerichtsverfahren in der Gestapozentrale EL-DE-Haus erhängt. Er war damals siebzehn Jahre alt.

Quellen:

  • ALVR 15080
  • LAV NRW R, Gerichte Rep. 231, Nr. 362; Rep. 112, Nr. 2810; Rep. 21, Nr. 308

Literatur:

  • Roth, Thomas: „Verbrechensbekämpfung” und soziale Ausgrenzung im nationalsozialistischen Köln, Köln 2010.

Text und Recherche:

Josef Wißkirchen

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