Logo Landschaftsverband Rheinland - zur Startseite
Giebel über der Toreinfahrt zur Abtei Brauweiler

Gedenkstätte
Brauweiler des LVR

Gedenkbuch Brauweiler

Biografien

Kolb, Walter

  • geb. 22.01.1902 Bonn-Poppelsdorf
  • gest. 20.09.1956 Frankfurt am Main
  • Haft in Brauweiler: 31.12.1944 – 01.02.1945

Walter Kolb, seit 1920 Mitglied der SPD, war als Student Vorsitzender des Allgemeinen Studentenausschusses der Universität Bonn und auch des 1922 von ihm mitgegründeten Republikanischen Studentenkartells, das sich später dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold anschloss. Nach dem Abschluss des Jurastudiums 1924 und nach Referendariat und Assessorenjahren in rheinisch-westfälischen Behörden wechselte er 1930 als Regierungsrat zum Landwirtschaftsministerium in Berlin. Obwohl erst dreißigjährig, wurde er 1932 zum Landrat im Kreis Schmalkalden berufen. Aber bereits wenige Monate später, nach dem Staatsstreich Franz von Papens („Preußenschlag“) vom 20. Juli 1932 in Preußen, wurde er abgesetzt und schließlich 1933 aufgrund des nationalsozialistischen „Berufsbeamtengesetzes“ aus dem Staatsdienst entlassen. Kolb ging zurück nach Bonn, eröffnete eine Rechtsanwaltskanzlei für Verwaltungsrecht und leistete rassisch und politisch Verfolgten Rechtsbeistand; auch durch wiederholte Gestapoverhöre ließ er sich nicht einschüchtern und ging weiterhin seiner Arbeit nach.

1941 wurde Walter Kolb zur Wehrmacht einberufen (Flakartillerie) und 1943 wegen seiner französischen Sprachkenntnisse zur Militärverwaltung in Nordfrankreich abkommandiert. Für die Bonner Gestapo zählte er nach wie vor zu den prominentesten Regimegegnern der Stadt. Deshalb ließ sie ihn im Rahmen der „Aktion Gewitter“ im August 1944 als Soldat in der Normandie verhaften. Man brachte ihn zunächst in die Bonner Außendienststelle der Gestapo (Kreuzbergweg 5), dann in die Kölner Gestapozentrale im EL-DE-Haus und von dort am 31. Dezember 1944 in das Brauweiler Gestapogefängnis im Zellenbau. Als Zeuge im Kölner Gestapoprozess 1949 gegen Hoegen und andere verglich er seine Hafterfahrungen mit einem „Inferno“; in Brauweiler habe er Tag und Nacht Schreie und Schläge gehört.

Am 1. Februar 1945 wurde Kolb mit anderen Häftlingen des Gestapokommandos Bethke von Brauweiler in den Gestapoblock des Kölner Gefängnisses Klingelpütz verlegt, wo er durch Schläge misshandelt wurde. Zwei Wochen später sollte er zum Reichssicherheitshauptamt in der Wilhelmstraße in Berlin transportiert werden. Dabei gelang ihm in der Nähe von Gummersbach die Flucht. Er schlug sich bis Bonn durch und konnte sich drei Wochen lang bei Bekannten verstecken. Am 9. März 1945 wurde er durch die Amerikaner befreit. Die britische Militärregierung ernannte ihn am 1. August 1945 zum Regierungsvizepräsidenten der Nordrheinprovinz und zwei Monate später zum ersten Oberbürgermeister von Düsseldorf. Nach Einführung der neuen Gemeindeverfassung wurde er am 29. Januar 1946 von der Düsseldorfer Stadtverordnetenversammlung zum Oberstadtdirektor gewählt. Aber bereits am 1. September 1946 trat er sein Amt als erster nach dem Krieg frei gewählter Oberbürgermeister von Frankfurt am Main an und erwarb sich große Verdienste um den Wiederaufbau der Stadt. 1954 wurde er wiedergewählt und war – obwohl gesundheitlich angeschlagen – unermüdlich für die Stadt tätig. Er starb am 20. September 1956 nach einem Herzinfarkt.

Anlässlich seines hundertsten Geburtstages wurde 2002 in der Frankfurter Paulskirche, für deren Wiederaufbau 1947/48 er sich mit großem Engagement eingesetzt hatte, eine Gedenktafel für Walter Kolb enthüllt.

Quellen:

  • ALVR 15080
  • Stadtarchiv Düsseldorf, Nr. 0-1-5-54779.0000 (Personalakte)
  • Wolfgang Stegemann, Bad Vilbel: private Unterlagen

Literatur:

  • Daners, Hermann/Wißkirchen, Josef: Die Arbeitsanstalt Brauweiler bei Köln in nationalsozialistischer Zeit, Essen 2013.
  • Hoffmann, Hillmar: Frankfurts Oberbürgermeister 1945–1995, Frankfurt am Main 2012, S. 79–164.

Text und Recherche:

Josef Wißkirchen

nach oben